… liegen ja bekanntlich nahe beieinander.
Wenn ich abends meine Gemüsebeete gieße, und dabei entdecke, wie schon wieder ein neugeborener Trieb aus dem Boden hervor spitzt oder eine Tomate innerhalb eines einzigen Tages rund und dick und fett geworden ist, dann bin ich im absoluten Gartenglück.
Jeder, der selbst Gemüse anbaut – womöglich vom Samenkorn bis zur Ernte – weiß, wovon ich spreche. Wir lieben und hegen und pflegen unsere Pflänzchen mit der allergrößten Sorgfalt und Hingabe.
Umso schmerzhafter ist es, wenn diesem geliebten und gehegten Grünzeug etwas zustößt.
Seit Anfang dieser Woche, wird unsere Hausfassade saniert. Dazu kam vor ein paar Tagen ein Haufen kräftiger Männer, um das Gerüst aufzubauen. Ihr ahnt sicher, worauf diese Geschichte hinausläuft …
Ich hatte extra gut sichtbare, niedrige Holzzaun-Elemente um die Gemüsebeete gesteckt, da es im Vorgarten sonst keine explizite Beeteinfassung gibt, und die Grünfläche mit einem Mix aus Gemüse, Getreide, Wilkräutern und Blumen permakulturell wüst aussieht.
Ich erwarte ja nicht, dass jemand, der sich sonst nicht mit Pflanzen beschäftigt, das erkennen kann, dass da kein Unkraut wuchert, sondern Lebensmittel heranwachsen. Aber ich erwarte doch zumindest von einem geistig gesunden Menschen, dass er einen Zaun als Aufforderung erkennt, nicht darüber zu steigen.
Eigentlich.
Unter meinen bewachenden Argusaugen ging vormittags noch alles gut. Nachmittags musste ich dann aber weg. Und als ich wiederkam, fand ich ein Massaker vor. Die Zaunelemente waren beiseite geräumt und das komplette Beet vollkommen niedergetrampelt. Zum Teil waren nicht mal mehr die toten Pflanzen zu sehen – nur noch blanke Erde.
Ich weinte.
Wirklich.
Es war einfach ein totales Verlustgefühl. Ohnmacht. Fassungslosigkeit. Und Wut. Die in diesem Moment nicht mal einen Adressaten hatte, denn die Gerüstbauer waren längst weg, und die Sanierung würde natürlich wieder eine andere Firma durchführen.
Nun gut, ich kann es nicht rückgängig machen, und muss diesen Verlust akzeptieren. Und auch meine Wut gegenüber der Unachtsamkeit und Unaufmerksamkeit mancher Menschen.
Zwei wichtige Erkenntnisse habe ich aber doch trotzdem aus dieser Erfahrung gewonnen:
Erstens – Achtung durch eigenes Erleben
Es ist wirklich Not-wendig, mehr Menschen davon zu begeistern, wieder selbst Lebensmittel anzubauen. Das muss überhaupt nicht gleich ein ganzer Garten sein. Ein paar Töpfe auf Terrasse oder Balkon reichen völlig aus. Es geht nur darum, dass die Menschen selbst erfahren können, wie lange es dauert, bis aus einem Samenkorn etwas wird, das wir essen können. Und wie viel Arbeitskraft es kostet, damit diese Pflanzen, die wir essen wollen, auch tatsächlich Früchte hervorbringen.
Ich bin überzeugt, dass nur dieses selbst erleben wieder zu einem achtsamen, demütigen Umgang mit der Natur führt. Wenn jemand weiß, wie wertvoll ein Rosenkohlpflänzchen wirklich ist, würde er niemals auf die Idee kommen, darauf herumzulaufen, nur weil der gepflasterte Weg daneben nicht der direkteste zum Ziel ist.
Zweitens – Wilde Geschenke
Auch mir ist nochmal wieder bewusst geworden, wie viel Arbeit es eigentlich ist, diese Kulturpflanzen anzuziehen und zu pflegen. Natürlich „weiß“ ich das bereits, und nutze viele Wildpflanzen, welche die Natur ganz ohne mein Zutun in meinem Garten oder in den Wiesen und Wäldern draußen hervorbringt. Trotzdem will ich meinen Fokus noch mehr darauf legen.
Wenn ich z. B. auf die Topinambur-Riesen im Vorgarten schaue … So eine kräftige Pflanze, die wirklich überhaupt keine Pflege braucht. Die Stängel wachsen höher als der noch junge Birnbaum direkt daneben. Die lassen sich nicht einfach so niedertrampeln, die nicht! Um den kleinen Topinambur-Wald mussten die Gerüstbauer einen großen Bogen machen, das ging gar nicht anders. Weil die Pflanze höher wächst als sie selbst! Und das jedes Jahr aufs Neue! Und sie macht dicke, saftige Knollen, die man vielfältigst verwenden kann und die satt machen.
Es gibt ja noch so viel mehr solcher dankbaren Pflanzen … Ich nehme mir jetzt mal vor, einfach etwas weniger Gurke, Möhre, Kohlrabi, Zucchini & Co großzuziehen, und stattdessen den Wilden Zeitgenossen noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Und wie ist es bei dir? Kennst du solche Geschichten? Welche sind deine Lieblinge unter den pflegeleichten Nahrungslieferanten?
Das kenne ich nur zu gut! Auch die Wut und Enttäuschung und den Frust… Die Achtung, der Respekt, die Aufmerksamkeit für solche Dinge fehlt bei vielen Menschen, wenn sie sich nicht selber mit dem Thema beschäftigen… Eine gute Möglichkeit zur Anwendung der Gelassenheitsübung 🙂
Eine Idee wäre noch, den Topinambur an die Wegecke umzupflanzen und die empfindlichen Neusaaten irgendwo in die Mitte des Beetes, um Wiederholungen zu vermeiden…
Hi Andrea, danke für deinen Kommentar.
Ja, Topinambur am Eck finde ich grundsätzlich eine gute Idee. Umfplanzen lässt sich diese wuchernde Pflanze allerdings nicht. Sie bildet Rhizome, und zwar überall wo sie mag … 😉 Und treibt dann im nächsten Jahr an diversen Stellen wieder aus. Aber ich könnte sie natürlich durch gezielte Ernte ein wenig in die richtige Richtung treiben. 😉
Ich nehme mal an, dass du dich mit der „Gelassenheitsübung“ auf die 6 Nebenübungen von Dr. Rudolf Steiner beziehst? Verrate doch gerne mal mehr darüber!